Unter dem One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) wird ein elektronisches Portal verstanden, über welches Meldungen, Verrechnungen und Abwicklungen der Umsatzsteuer auf den Fernabsatz von Waren und elektronischen Dienstleistungen an Endverbraucher innerhalb der EU an einer zentralen Stelle stattfindet. Es betrifft innergemeinschaftliche Ferneverkäufe oder sonstige Leistungen (§ 18j Umsatzsteuergesetz) an Endverbraucher oder nicht vorsteuerabzugsberechtigte Personen. Es handelt sich um eine Sonderregelung im Bereich der Umsatzsteuer.
Die Regelung betrifft die Mehrwertsteuerverrechnung bei Verkäufen ins Ausland (Fernabsatz). Das Verfahren ermöglicht es, registrierten Unternehmen, welche unter die Sonderregelung fallende Umsätze generieren, diese in einer Steuererklärung zentral an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Die EU-weite One-Stop-Shop-Regelung trat bereits im Juli 2021 in Kraft. Die Regelung löste das Vorgängerverfahren "Mini-One-Stop-Shop" ab.
Die Mehrwertsteuer ist in der Regel dort zu entrichten, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz hat. Bis zum Netto-Schwellenwert von 10.000 Euro kann ein deutscher Händler seine Waren und sonstigen Leistungen in Bestimmungsländer versenden und die deutsche Umsatzsteuer in Rechnung stellen sowie diese in Deutschland an das Finanzamt abführen. Ab genannten Schwellenwert, muss die Umsatzsteuer im Bestimmungsland gezahlt werden.
Die Teilnahme am One-Stop-Shop-Verfahren ist für Unternehmer freiwillig, aber in bestimmten Situationen sinnvoll. Da Regelung den Handel in der EU vereinfachen soll, stellt sie eine wichtige Grundlage dar. Statt unterschiedlicher Lieferschwellen und Mehrwertsteueranmeldungen in EU-Ländern gilt nun nur noch eine einheitliche Lieferschwelle. Des Weiteren muss nun nur noch die anfallende Umsatzsteuer in einem Land gezahlt werden, statt in mehreren. Die Verteilung der Mehrwertsteuerlast in den Bestimmungsländern erfolgt bei OSS automatisch. Bislang lassen sich leider nicht alle Transaktionen per OSS-Verfahren abwickeln.
Das OSS richtet sich an alle in der EU ansässigen Handelsunternehmen. Alle Dritt-Länder, die Waren in die EU verkaufen, können ebenso von OSS gebrauch machen. Einst mussten Unternehmen bei überschreiten der individuellen Lieferschwellen in den betreffenden Ländern Mehrwertsteueranmeldungen durchführen.
Die neuen Umsatzsteuerregelungen in der EU sind soweit sinnvoll, als das höhere/niedrigere Mehrwertsteuern der EU-Mitgliedstaaten nicht für niedrigere Endverbraucher-Preise für Konsumenten sorgen können. Die Mehrwertsteuer darf innerhalb der EU nicht 15% unterschreiten und schwankt daher von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat bis zu 27%.
Dass OSS zu nutzen bei Lieferung in Drittländer ist derzeit schwierig. Allerdings können Lieferanten aus Drittländern an dem EU-OSS-Verfahren teilnehmen. Dieses Verfahren nennt man Import-One-Stop-Shop (IOSS). Bis zu einem Importwert von maximal 150 Euro sind Lieferungen zollfrei.
Gegenüber dem ehemaligen Mini-One-Stop-Shop-Verfahren würden bei dem neueren One-Stop-Shop ebenso die Fristen zur Meldung umsatzsteuerlicher Leistung verlängert.
Es lassen sich bei dieser Regelung drei Hauptbereiche kennzeichnen:
Die Nicht-EU-Regelung (§ 18i UstG, Besonderes Besteuerungsverfahren für von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern erbrachte sonstige Leistungen
Nicht in der EU ansässige Unternehmen können Ihre sonstigen Leistungen an Privatkunden, die der Umsatzsteuer im Verbrauchsland unterliegen, im OSS anmelden. Bis zur Verfahrensneueinführung war dies nur für digitale Dienstleistungen möglich.
Die EU-Regelung (§ 18j UstG, Besonderes Besteuerungsverfahren für den innergemeinschaftlichen Fernverkauf, für Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaates über eine elektronische Schnittstelle und für von im Gemeinschaftsgebiet, nicht aber im Mitgliedstaat des Verbrauchs ansässigen Unternehmern erbrachte sonstige Leistungen )
Innergemeinschaftliche Fernverkäufe an Privatkunden in einem anderen EU-Mitgliedsstaat können nun innerhalb der EU an einem zentralen Ort gemeldet werden, wo das leistungserbringende Unternehmen seinen Sitz hat. Das Verfahren wird angewendet auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe und Lieferungen über elektronische Schnittstellen. Oder der im Mitgliedsstaat ansässige, nicht aber im Staat des Verbrauchs ansässige Unternehmer erbringt eine sonstige Leistung. Das OSS-Verfahren wird EU-weit angewendet. Die Finanzämter übernehmen die Umsatzsteuerabwicklung innerhalb der EU. Dies wäre der Fall, wenn
- Der deutsche Händler H verkauft Waren an Kunde K in Belgien. Geliefert wird die Ware von H's Werk in Luxemburg nach Belgien. Es handelt sich um einen innergemeinschaftlichen Fernverkauf. H kann am OSS teilnehmen und die Umsatz an die Privatperson K nach Belgien gemäß § 18j UStG melden. Die belgische Umsatzsteuer wird vom deutschen Finanzamt nach Belgien abgeführt. (Freigrenze bis 10.000 Euro ist zu beachten, bis dahin kann die deutsche Umsatzsteuer berechnet werden.)
- Der Österreichische Klempner Ö repariert gängig in Deutschland und in Luxemburg bei Privatpersonen Waschbecken. Ö kann hier sich hier beim OSS in Österreich anmelden, da seine sonstige Leistung in Deutschland und Luxemburg umsatzsteuerpflichtig sind. Die Meldestellt des Ö übernimmt die Abwicklung der Umsatzsteuer.
Die Import-One-Stop-Shop-Regelung (§ 18k UstG, Besonderes Besteuerungsverfahren für Fernverkäufe von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro)
betrifft Gegenstände, geliefert von Unternehmen aus Drittländern, diese können hier bis zu einem Warenwert von 150 Euro (Zollfreigrenze) fristgesrecht gemeldet werden. Die Einfuhr der Leistung erfolgt dann umsatzsteuerfrei. Vorraussetzung ist allerdings, dass beide teilnehmenden Unternehmen eine Umsatzsteuer-ID besitzen. Diese Regelung greift, wenn
- Ein Händler Fernverkäufe tätigt, bei denen aus dem Drittlandgebiet eingeführte Gegenständen in Sendungen an Privatpersonen (maximaler Sachwert 150 Euro) innerhalb der Europäischen Union erfolgt
- Der Händler bietet eine elektronische Schnittstelle zum Bezug einer Leistung, durch deren Nutzung die Lieferung von aus dem Drittlandgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen stattfindet (maximaler Sachwert 150 Euro). Die Leistung wird deshalb so behandelt, als ob er die Gegenstände selbst geliefert hätte.
Z.b. ein Gewerbetreibender verkauft USB-Sticks über Ebay von Deutschland aus, welche aus China direkt an den Endkunden geliefert werden.
Das OSS-Verfahren richtet sich daher explizit an Unternehmer
- Dienstleistungen an Endverbraucher in Mitgliedstaaten der EU erbringen, in denen sie nicht ansässig sind oder
- Hier innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen tätigen oder
- eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung stellen, durch deren Nutzung sie die Lieferung von Gegenständen innerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen unterstützen und deshalb behandelt werden als ob sie die Gegenstände selbst geliefert hätten.
Sinnhaftigkeit des OSS-Verfahrens
Der deutsche Händler H verkauft gängig Waren über seine elektronische Schnittstelle, seinem Online-Shop, in das EU-Ausland an Privatpersonen. Mit jährlicher Nettolieferung von 8.000 Euro nach Frankreich, 3.000 Euro nach Belgien, 1.000 Euro nach Luxemburg und 4.000 Euro nach Österreich sind die 10.000 Euro Lieferschwelle deutlich überschritten. Unterhalb dieser Lieferschwelle würden die Umsätze wie inländische Umsätze behandelt werden. H müsste ohne OSS-Verfahren in allen Staaten Umsatzsteuervoranmeldungen durchführen. Er meldet sich stattdessen bei der Bundeszentralstelle für Steuern an und meldet die Umsätze dort über das BoP. Das Amt übernimmt fortan für Ihn die Abwicklung mit den Drittländern.
BOP - Online Portal des Bundeszentralamt für Steuern - Messdaten, Registrierung für Sonder-Verfahren
Sowohl beim OSS nach § 18i UStG als auch für den nach § 18j UStG gilt ein Wahlrecht zur Teilnahme. Die Verfahrensteilnahme am OSS ist nun einheitlich und für alle Leistungen an Privatkunden möglich. Der Mitgliedstaat der Identifizierung ist für Unternehmer aus einem Drittland frei wählbar. Innerhalb der EU kann der Mitgliedsstaat der Identifizierung gewählt werden, in der der europäische Unternehmer seinen Sitz hat. In Deutschland ist die zuständige Stelle das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Meldungen können über das Online-Portal BoP erfolgen.
Das OSS-Verfahren eignet sich für deutsche Unternehmer besonders, wenn Sie ausschließlich aus einem Lager in Deutschland ins Ausland verkaufen.
Kein OSS-Verfahren
Das OSS-Verfahren kann nicht für alle Verkäufe im Bereich E-Commerce genutzt werden. Betroffen sind vor allem Umsätze aus Verkäufen in Länder außerhalb der Europäischen Union. Wer in ein Drittland verkauft, muss keine Umsatzsteuer ausweisen (§ 6 UStG, Ausfuhrlieferung). Diese Transaktionen können nicht über OSS abgewickelt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass in den belieferten Ländern keine Umsatzsteuern fällig werden. Im Bereich elektronische Schnittstellen bzw. E-Commerce sollte daher unbedingt in diesen fällen ein Steuerberater um Rat gefragt werden.
Umgekert können aber alle Händler, die in die EU an Privatpersonen verkaufen, das OSS-Verfahren nutzen.
Fristen und Angaben im BoP für das OSS-Verfahren
Die bekannte Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren gilt auch für Leistungen, die über das OSS abgewickelt wurden. Zu den Daten gehören sämtliche Rechnungsdokumente, insbesondere Art der Leistung Empfänger, Dokumente des Zahlungswesens, angewendeter Umsatzsteuersatz, Ausführungsdatum usw.
Folgende Fristen müssen eingehalten werden:
- Bis zum 30. April müssen die Umsätze vom 1. Quartal gemeldet werden
- Bis zum 31. Juli die Umsätze vom zweiten
- Bis zum 31. Oktober die Umsätze vom dritten
- Bis zum 31. Januar die Umsätze vom letzen Quartal des Vorjahres.