Dieses Kapitel soll dem Leser die hierarchische Rechtsordnung der Immobilienwirtschaft näherbringen. Der Inhalt wird um themenzugehörige Begriffe ergänzt.
Baurecht und Bauordnungsrecht
„Baurecht“ ist nur ein Oberbegriff für diverse gesetzliche Vorschriften und Erfordernisse. Folgend werden einige von ihnen vorgestellt. Es werden unter dem Baurecht alle anfallenden Vorschriften des Privat- und Verwaltungsrechts verstanden. Das öffentliche Baurecht ist für Berufstätige in dieser Branche wichtig, da alle Aspekte zur Bebauung und Immobilien dort geregelt sind. Besondere Beachtung findet hier das Bauplanungsrecht, welches bestimmt wo gebaut werden darf. Das Bauordnungsrecht beinhaltet, wie gebaut werden darf.
Das private Baurecht. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) regelt die Beziehung zwischen dem Architekten und dem Bauherrn. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) umfasst v.a. Regelungen für Werkverträge, Gewährleistung und Haftung.
Das öffentliche Baurecht bewahrt die staatlichen Hoheitsrechte, welche durch die staatlichen Baubehörden und den Kommunen vollzogen werden. Es umfasst die Gesamtheit der Regelungen für die Nutzung und Bebauung des Bodens. Das Baugesetzbuch (BauGB) ist die wichtigste Grundlage des öffentlichen Baurechts.
Gebietsbezogenes Planungsrecht
Dieses ist hierarchisch geordnet in Europäische Raumplanung (EUREK), Bundesebene (BauGB), Landesebene (Bauordnungen) und Kommunale Entwicklungsplanung. An oberster Stelle haben die Bauminister der EU-Länder gemeinsam ein Ordnungswerk formuliert. Die Bundesebene dient maßgeblich den übergeordneten Maßnahmen, wie Verkehr und Erschließungsvorgänge. Die Landesplanung übernimmt die Entwicklung für das jeweilige Bundesland. Die kommunale Entwicklungsplanung erstellt selbstverwaltend Bauleitpläne.
Eine Bauplanungspflicht besteht dabei nur, wenn die stadtbauliche Entwicklung dies erfordert. Kommunen planen eigenständig, unabhängig von Rechtsinstanzen. Die Kommunen müssen etliche öffentliche und private Belange prüfen, wie Anforderungen an gute Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Fortentwicklung, Denkmalschutz, Umweltschutz usw. Ist dies für die Gemeinde nicht zu aller Wohl möglich, gilt ein Abwägungsgebot.
Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan soll die bauliche Entwicklung innerhalb einer Kommune umfassen nach den Regelungen des Baugesetzbuchs (BauGB).
Baunutzungsverordnung
Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) gehört zum Baugesetzbuch und regelt die Art der baulichen Nutzung, wie reine Wohngebiete, Gewerbegebiete oder Industrieflächen. Ebenso das Maß der Nutzung, wie Grundflächen, Geschossflächen oder Stellplätze. Betriebliche Ausnahmen können in Wohngebieten zulässig sein, wie nicht störende Läden sowie Sportplätze, Kitas, Beherbergung usw.
Zu unterteilen sind hier in Wohngebiete, Dorfgebiete (inkl. Land und Forstwirtschaft), Mischgebiete, Kerngebiete (v. a. Handelsbetriebe), Gewerbegebiete (nicht erheblich belästigend, auch Sportplatzbau), Industriegebiete (Produktionslärm, Abgase) sowie Sondergebiete der Erholung (Wochenendhäuser, Camping).
Es kann nicht frei nach Wunsch gebaut werden. Nach dem BauGB muss sich ein Vorhaben in die umliegende Bebauung einfügen. Jedes Baugebiet hat i.d.R. eine Tabelle für Grundflächen. Hier ist die Grundflächenzahl (GRZ) neben der Geschossflächenzahl (GFZ) und der Baumassenzahl (BMZ) eine der Kennzahlen, die das Maß der baulichen Nutzung eines Grundstücks bestimmen. Sie gibt gemäß der BauNVO den maximalen Flächenanteil eines Baugrundstücks an, der bebaut beziehungsweise versiegelt werden darf. Ist die GRZ mit 0,4 angegeben, bedeutet dies, dass 40% bebaut werden darf. Die GFZ gibt das Verhältnis der Summe aller Geschossflächen eines Gebäudes zur Fläche des Baugrunds an. Ist die GFZ mit 0,6 angegeben, darf die Summe aller Vollgeschossflächen 60% der Grundstücksfläche nicht überschreiten. Terrassen, Balkone, Dachböden und Keller werden bei dieser Berechnung üblicherweise nicht mit einbezogen. Die Baumassenzahl (BMZ) gibt an, wie viel Kubikmeter Baumasse pro Quadratmeter Fläche eines Baugrundstücks zulässig sind und beschränkt sich in der angewendeten Praxis i.d.R. auf Gewerbe- und Industriegebiete.
Bebauungsplan
Der Bebauungsplan, auch Bauleitplan, enthält Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er ergibt sich aus der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Er ist für jedermann verbindlich und kann dem individuellen Bauvorhaben entsprechen oder dieses einschränken.
Bauantrag
Bei Einreichung des Bauantrages für größere Bauvorhaben wird die Vollständigkeit durch die Bauordnungsbehörde überprüft. Fehlen z. B. die Entwässerungspläne, werden die Bauunterlagen zurückgegeben und Zeitspannen verlängern sich. Ist die Vollständigkeit gegeben werden die Träger der öffentlichen Belange angehört. Diese Fachstellen vervielfachen sich je größer das Bauprojekt ist und verlängern Bearbeitungszeiten. Fachstellen sind zum Beispiel Wasserwirtschaftsamt, Denkmalschutzbehörde, Gewerbeaufsichtsamt, Naturschutzbehörde, Straßenbauamt, Deutsche Bundesbahn und weitere. Jede Instanz kann ein Sachverständigengutachten einholen.
Bebauung im Ortsbereich
Sind angrenzende Gebiete erschlossen, können diese Areale in die Ortsumgebung eingefügt werden, dürfen aber das Ortsbild nicht beeinträchtigen (§ 34 BauGB). Baulücken können so gefüllt werden.
Bebauung im Außenbereich
Alle Grundstücke „außerhalb der Ortsschilde“. In Deutschland ist eine Bebauung nicht ohne weiteres erlaubt, solange keine ergänzende Bebauungsplanung vorliegt. Eine ausreichende Erschließung ist vorab notwendig (§ 35 BauGB).
Bauerwartungsland
Ist eine Fläche im Flächennutzungsplan ohne Bebauungsplan oder eine geplante Bebauung (gestellter Bauantrag) ist dies Bauerwartungsland. Letztendlich rohe Felder.
Rohbauland
Als Rohbauland werden Gebiete bezeichnet, die erschlossen, aber noch nicht an Kommunen abgetreten sind.
---
Alda, Willi und Hirschner, Joachim (2016): Projektentwicklung in der Immobilienwirtschaft – Grundlagen für die Praxis, 6. Auflage, Stuttgart (2016)
Brauer, Kerry (2011): Grundlagen der Immobilienwirtschaft – Recht - Steuern - Marketing – Finanzierung - Bestandsmanagement - Projektentwicklung, 7. Auflage, Leipzig (2011)
Kamis, Alcay (2022): Grundlagen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, München (2022)
Schmoll, Fritz (20015): Basiswissen Immobilienwirtschaft, 3. Auflage, München (2015)