Kammerbeiträge sind eine ungern gesehene Last bei Selbstständigen. Eine Kammer ist eine berufsständische Köperschaft des öffentlichen Rechts, die eine berufsständische Selbstverwaltung wahrnimmt. In Deutschland gibt es zahlreiche Kammern.

Kammer-Beispiele

 Wirtschaftskammern  Kammern der Freiberufe
  • Industrie- und Handelskammer
  • Handwerkskammer
  • Landwirtschaftskammer
  • Apothekerkammer, Psychotherapeutenkammer
  • Ärztekammer, Zahnärzte-, Tierärztekammer
  • Bundesnotarkammer, Bundesrechtsanwaltskammer
  • Wirtschaftsprüferkammer, Patentanwaltskammer

Ein Aspekt für Personen, die vorhaben ein Handwerksbetrieb zu führen, ist die Einordung, ob es sich dabei um ein zulassungspflichtiges Handwerksgewerbe handelt.

Handwerkskammer

Typische Aufgabenstellungen der Kammer sind Organisation der Handwerke sowie Beratung der Mitglieder im Bereich Unternehmensführung des Handwerkbetriebes als auch Finanzierung, Technik, Recht, Aus- und Weiterbildung, Veranstaltungen, Umwelt und Energieeffizienz. Mitgliedspflichtig sind alle in der Handwerksordnung aufgeführten Gewerbe und Gewerke. Für Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer besteht die Notwendigkeit zur kostenpflichtigen Mitgliedschaft.

Das Recht zur Erhebung und Höhe von Mitgliedsbeiträgen ergibt sich aus § 113 der Handwerksordnung (HwO) sowie der Beitragsordnung und Beitragsbeschlüsse der Handwerkskammern. Die Zugehörigkeit erläutert ebenso das Gesetz zur Ordnung des Handwerks, § 90 HwO. Beitragspflichtig sind alle natürlichen sowie juristischen Personen und Personengesellschaften, unabhängig von ihrem Handwerksgewerbe. Der Beitragsmaßstab wird einmal im Jahr von der Vollversammlung (gewählte Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter der Handwerkskammer) beschlossen. Die Vollversammlung setzt sich zusammen aus gewählten ehrenamtlichen Vertretern und repräsentiert die Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe. Etwa ein Drittel ist als Arbeitnehmer im Handwerk tätig, die übrigen Selbständige. Genehmigt wird der Maßstaab in der Regel vom Ministerium für Finanzen des jeweiligen Bundeslandes.

Kehrseite der Mitgliedsverpflichtung

Kleine Betriebe, die nie eine Leistung der Handwerkskammer in Anspruch genommen haben, könnten sich fragen, warum sie überhaupt Mitgliedsbeiträge zu zahlen haben. Diese Kritik ist verständlich. Allerdings liegt die Antwort wohl innerhalb der Handwerksrollen und dessen Zukunft. Handwerkskammern sehen sich als Interessenvertretung des Handwerks in einer Region. Sie führen die Handwerks- und Lehrlingsrolle. Ferner organisieren Sie Lehr- und Meisterprüfungen. Für die Handwerksrollen setzt sich die HWK gegenüber Politik und Öffentlichkeit für die Verbesserungen von Bedingungen ein. Eine gesetzesmäßige Pflichtmitgliedschaft wird daher wohl als angemessen angesehen.

Handwerksrolle und Zulassungspflicht

Ein zulassungspflichtiges Handwerk ist ein stehendes Gewerbe, deren Ausführung nur von den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen/juristischen Personen als auch Personengesellschaften gestattet wird. Mit der Handwerksrolle ist ein Verzeichnis gemeint, in das die Betreiber eines zulassungspflichtigen Handwerks eingetragen sind (§ 6 Abs. 1 HwO). Die Handwerksrolle wird von den Handwerkskammern in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Ist ein Handwerksbetrieb in die Handwerksrolle eingetragenen, erhält dieser die Handwerkskarte (§ 10 Abs. 2 HwO). Die Handwerkskarte ist ein Qualifikationsnachweis. 

Es ist naheliegend, dass ein Meisterbrief oder vergleichbare Qualifikation vorliegen muss, um einen Handwerksbetrieb führen zu können. Ausnahmen können jedoch eine Altgesellenregelung sein. Ist eine abgeschlossene Berufsausbildung vorhanden und 6-jährige Berufserfahrung nachgewiesen sowie 4 Jahre davon in leitender Position, können gelegentlich Ausnahmeregeln gelten. Es gab Erleichterungen, was die Zulassungspflicht betrifft für einzelne Handwerksbereiche; diese wurden aber 2020 wieder aufgelöst. Ein zulassungspflichtiges Handwerk liegt definitiv vor, wenn es in der Anlage A (Verzeichnis der zulassungspflichtigen Handwerke) der HwO aufgeführt ist, dieses Gewerbe vollständig erfasst ist und es handwerksmäßig vollzogen wird.

Gemäß der Anlage A können Handwerke als zulassungspflichtig bezeichnet werden, die den folgenden Bereichen angehören

Beispiele zulassungspflichtiges Handwerk   Beispiele wieder zulassungspflichtig

Maurer und Betonbauer
Ofen- und Luftheizungsbauer
Zimmerer
Dachdecker
Straßenbauer
Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer
Brunnenbauer
Steinmetzen und Steinbildhauer
Stuckateure
Maler und Lackierer
Gerüstbauer
Schornsteinfeger
Metallbauer
Chirurgiemechaniker
Karosserie- und Fahrzeugbauer
Feinwerkmechaniker
Zweiradmechaniker
Kälteanlagenbauer
Informationstechniker
Kraftfahrzeugtechniker
Land- und Baumaschinenmechatroniker
Büchsenmacher
Klempner
Installateur und Heizungsbauer
Elektrotechniker
Elektromaschinenbauer
Tischler

Seiler
Bäcker
Konditor
Fleischer
Augenoptiker
Hörakustiker
Orthopädietechniker
Orthopädieschuhmacher
Zahntechniker
Friseure
Glaser
Glasbläser und Glasapparatebauer
Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik
Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
Werkstein und Terrazzohersteller
Estrichleger
Behälter und Apparatebauer
Parkettleger
Rollladen- und Sonnenschutztechniker
Drechsler (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher
Böttcher
Glasveredler
Schilder- und Lichtreklamehersteller
Raumausstatter
Orgel- und Harmoniumbauer
Boots- und Schiffbauer

 Behälter- und Apparatebauer
 Betonstein- und Terrazzohersteller
 Böttcher
 Estrichleger
 Drechsler
 Fliesen- und Mosaikleger
 Glasveredler
 Holzspielzeugmacher
 Orgelbauer
 Parkettleger
 Raumausstatter
 Rolladen- und Jalousiebauer
 Schilder- und Lichtreklamehersteller

 

Die Anlage B der Handwerksordnung (HwO) enthält Bereiche, die ohne eine Meisterprüfung (oder vergleichbar) ausgeübt werden können:

Uhrmacher
Graveure
Metallbildner
Beschichter (Galvaniseure)
Metall- und Glockengießer
Schneidwerkzeugmechaniker
Gold- und Silberschmiede
Modellbauer
Holzbildhauer
Korbmacher
Damen- und Herrenschneider
Sticker
Modisten
Weber
Segelmacher
Kürschner
Schuhmacher
Geigenbauer
Bogenmacher

Sattler und Feintäschner
Müller
Brauer und Mälzer
Weinküfer
Textilreiniger
Wachszieher
Gebäudereiniger
Feinoptiker
Glas- und Porzellanmaler
Edelsteinschleifer und -graveure
Fotograf
Buchbinder
Buchdrucker: Schriftsetzer: Drucker
Siebdrucker
Flexografen
Keramiker
Klavier- und Cembalobauer
Handzuginstrumentenmacher
Metallblasinstrumentenmacher
Holzblasinstrumentenmacher

 

Nach dieser Ersteinschätzung über den zukünftigen Tätigkeitsbereich und Selbstprüfung, ob die Voraussetzungen vorliegen, kann ein Gewerbe bei der zuständigen Gemeinde angemeldet werden. Im Zweifelsfall kann der Interessent jederzeit die Handwerkskammer um Rat fragen.

Mitgliedsbeiträge der Handwerkskammern

Der zu leistende Gesamtbeitrag unterteilt sich in einen Grundbeitrag (Mindestbeitrag, z.B. 340 Euro pro Jahr) und Zusatzbeitrag. Wie bereits genannt, wird die Beitragsbemessung regelmäßig neu aufgestellt. Der Zusatzbeitrag unterliegt einem Hebesatz (z.B. 1,2 %) vom Jahresgewinn bzw Gewerbeertrag. Dieser wird erhoben auf Grundlage der zuletzt bekannten Bemessungsgrundlage. Solange diese Bemessungsgrundlage nicht vorliegt, kann der Hebesatz auf Schätzung der Grundlage eines Durchschnittsgewerbeertrags des jeweiligen Handwerks des Beitragspflichtigen angewendet werden. Eine Beitragsberichtigung erfolgt, wenn die tatsächliche Bemessungsgrundlage (individueller, ermittelter Gewerbeertrag) vorliegt. Die Trennung von Grundbeitrag und Zusatzbeitrag hat vor allem "Fairness"- und Tragfähigkeitsgründe. Wer mehr erwirtschaftet in seiner Handwerksrolle, soll auch mehr Beitrag zahlen. Als Bemessungsgrundlage gilt der Handwerksanteil, liegt eine Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer vor.

Die Grundbeiträge können nach Art des Unternehmens erheblich abweichen. Abgesehen von regionalen Unterschieden, können Kapitalgesellschaften mit dem doppelten Grundbeitrag rechnen im Vergleich zu einem Einzelunternehmen.

Zusätzliche Betriebsstätten zahlen in der Regel 50% des Grundbeitrages des Hauptbetriebes.

Beitragskürzung bei Zusatzbeitrag

Für die Berechnung des Zusatzbeitrages wird der Gewerbeertrag bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften um 24.500 Euro gekürzt (Freibetrag). Liegt kein Gewerbeetrag nach Ermittlungsmethoden des Gewerbesteuergesetzes vor, wird der Unternehmensgewinn des Geschäftsjahres herangezogen. Ist kein Überschuss festzustellen, bleibt es bei dem Grundbeitrag, der als Jahresgebühr erhoben wird. Kapitalgesellschaften haben hier prinzipiell keinen Freibetrag, ähnlich der Gewerbesteuererhebung. 

Betriebsgründungsphase und Mehrfachmitgliedspflicht

Bei gemischten Betrieben (Handel und Handwerk) kann die Mitgliedschaft in mehreren Kammern nötig sein. In der Regel gibt es aus "fairness"- und Tragfähigkeitsgründen eine Vereinbarung zwischen Handwerkskammern und den Industrie- und Handelskammern. Hier kann sich der Grundbeitrag um 50% für eine Kammer reduzieren. Dies gilt nicht, wenn ein Zusatzbetrieb geführt wird, der als "gemischt" anzusehen ist. Liegt der Handelsanteil, bei im Handelsgerister eingetragenen Unternehmen, unter einer bestimmten Summe im Jahr (etwa 130.000 €), kann die Beitragspflicht bei der Industrie- und Handelskammer entfallen. Ebenso, wenn der Betrieb bei seiner Führung einen nach Art und Umfang kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Auch kann bei doppelter Kammermitgliedschaft (HWK & IHK) eine Beitragsverrechnung beantragt werden; dies gilt aber nicht für die Grundbeiträge.

Wird ein Unternehmen gegründet, können Erleichterungsregeln angewendet werden. Hat ein Unternehmen im Gründungsjahr ein zu erwartenden Gewerbeertrag von unter 25.000 Euro, oder der nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) ermittelte Gewinn liegt unterhalb dieser Schwelle, sind im Gründungsjahr kein Grundbeitrag oder Zusatzbeitrag fällig. Ab dem zweiten und dritten Jahr werden dann unterhalb dieses Schwellenwertes der Grundbeitrag um 50%, der Zusatzbeitrag um 100% gekürzt. Auch im vierten Jahr entfallen dann die Zusatzbeiträge, aber die Grundbeiträge werden voll fällig. Der Grundbeitrag muss fortan zu 100% entrichtet werden. 

Handelt es sich um einen gemischten Betrieb in der Gründungsphase, gilt auch dort unterhalb des Schwellenwertes von 25.000 Euro im Gründungsjahr die komplette Beitragsfreiheit. Im zweiten und dritten Jahr sind hier allerdings 25% des Grundbeitrags fällig, aber der Zusatzbeitrag wird nicht erhoben. Ab dem vierten Jahr sind zwar 50% des Grundbeitrags zu entrichten, aber der Zusatzbeitrag entfällt im vierten, in den Folgejahren erfolgt aber anteiliger Zusatzbeitrag.

Stellt sich im Nachhinein ein höherer Gewinn heraus, erfolgt eine Nachveranlagung samt Nachzahlung rückwirkend!

 

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